Über die Arbeitslosigkeit Pt.1

Praktisch bist du zum Nichtstun
verurteilt. Außer für das eigene Überleben und das Überleben des
Hundes sowie der Zahlung der Kosten für die Infrastruktur ist kein
Geld da. In Wahrheit nicht einmal für Zigaretten - mein einzigfer
Luxus.
Und da wollen mir Politiker und
zentrale Organisationen der Wirtschaft erzählen, wir Arbeitslosen
würden uns auf dem staatlichen finanziellen Polster ausruhen.
Welcher Polster? Hah ha. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel.
Dabei habe ich noch gar nicht vor, zu
sterben. Das Leben hat ja so viel zu geben. Und es ist ja nicht so,
daß ich nicht gerne arbeiten würde. Aber mit 57 bin ich sichtlich
aus dem Wahrnehmungsraster potentieller Arbeitgeber raus gefallen.
Jung musst du sein, fünf Fremdsprachen beherrschen, reise-bereit bis
ins letzte Krisengebiet dieser Welt, streßresistent und offen für
(unbezahlte?) Überstunden - in der Realität oftmals bis zur
Selbstaufgabe.
Und dann sollen wir nach Anhebung des
gesetzlichen Pensionsantrittsalters bis 67 oer 70 arbeiten. Aber wie,
wenn man mit 50+ Lebensjahren trotz umfassender Ausbildung und
entsprechender Erfahrung von potentiellen Arbeitgebern nicht (mehr)
wahrgenommen wir. Vielfach nicht einmal Absagen auf ein
Bewerbungsschreiben, fast oder überhaupt keine Einladungen zu
Vorstellungsgesprächen. Meistens betretenes Schweigen im Walde.
Ich würde mich sogar als Hipster oder
Gen-Zler verkleiden, wenn es der Sache dienlich wäre.
Ziegenbärtchen, taillierte Sakkos, Röhrenjeans, Sneakers – und
einen leichten Moschusduft angelegt - oder vielleicht doch Rose. In
jedem Social Media Network einen Account angelegt, (halb-) lustige
oder pseudointellektuelle Reels posten; Hunde, Katzen oder Nackerte
gehen immer. Oder der Garten. Irgendwas, mit dem man den kranken
Voyeurismus bedien kann.
Aber all das bringt keinen Job und kein
Geld. Das Einzige, das mir momentan Geld bringt, sind die
Pfandflaschen. Und mit dem bei der Rückgabe selbiger lukriertem Geld
gehe ich dann in den Sozialmarkt einkaufen. Brot für die Woche,
Müsli, ein oder zwei Naturjoghurt. Chips und Schokolade wären schon
wieder Luxus. Um dieses Geld bekommt der Hund ein paar Leckerlis.
Mein Job, meine Aufgabe ist es unter
anderem, mich um den Hund zu kümmern. Nur, der zahlt mir nichts
dafür. Andere Aufgaben muss ich mir selber suchen, und dies habe ich
in der Zwischenzeit getan. Damit ich nicht ganz der Verzweiflung oder
gar dem Suff (wieder) anheim falle.
Formbares Fußvolk gewünscht
Schwierig seien wir, wir ältere
Arbeitnehmer, nicht anpassungsfähig, aufmüpfig und aufrührerisch.
Und Geld kosten wir - im Vergleich zu den Jungen natürlich. Ja, ja,
so viel Geld. Dafür issen wir aber auch, was Arbeiten bedeutet. Und
veränderungswillig seien wie auch nicht. Aber, hallo, ganz im
Gegenteil. Wenn wir Veränderungs- und/oder Verbesserungspotential
sehen - eben aufgrund unserer Erfahrung - dann lasst es uns angehen.
"Na, geh, das haben wir ja immer schon so gemacht", ist dann zu
hören. Ja, eh, so schaut der Betrieb vielfach auch aus und denen ist
auch nicht zu helfen.
Was Unternehmen heutzutage suchen und
im Betrieb wollen, ist formbares Fußvolk, das dem Matra der
selbstdefinierten Unternehmensintelligenz bedingungslos folgt - im
Zweifelsfall auch in die (selbstverschuldete) Insolvenz. Gehalt dann
nicht mehr garantiert.
Influencer an die Macht? Wollen wir das?
Es ist eine "Arbeits-"Welt
geworden, in der man selbsternannte TrendsetterInnen aka
InfluencerInnen Geld dafür bezahlt, dass diese ein Video davon
drehen und in den sozialen Netzwerken veröffentlichen, wie sie ein
Bett frisch überziehen. Natürlich mit der Bettwäsche der Marke X.
Oder WC putzen mit dem Reinigungsmittel Y. Was kommt als Nächstes?
Wie kacke ich richtig, ohne mich bis übers Kreuz anzuscheissen.
Oder: Wie öffne ich unfallfrei einen Kühlschrank?
In Wahrheit kann diese Generation nicht
einmal unfallfrei eine Kaffeemaschine aufdrehen, geschweige denn,
eine Melange runter zu lassen, ohne die Teeküche im Unternehmen zu
überschwemmen.
So wollte ich auch gerne Influencer werden. Ich erkläre Euch dann, wie man unfallfrei eine Schachtel Winston 100 öffnet und sich ohne Brandverletzungen zu erleiden, eine Zigarette anraucht. Oder, wie man stilvoll eine Flasche Billig-Wodka öffnet und sich um 9 Uhr Früh nach dem ersten Schluck nicht gleich anspeibt. Oder, wie ich das Hundekacksi, musikalisch und mit Effekten untermalt, theatralisch und un-angeekelt einsammle. Hund beim Kacken zuzusehen, ist übrigens inklusive.
Ich erwarte Eure Angebote. In Echt
jetzt.
Hach, was ist das für eine kranke und
verkehrte Welt geworden.
Aber: Selbstgemacht.
Eigentlich: Kein Mitleid.
Für Influencer-Anfragen bzw.
allfällige Kooperationen kontaktiere Sie mich bitte unter meiner E-Mail Adresse.
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