Opfer und Täter zugleich?

25.06.2025

Sowohl aktive Trinker als auch trockene Alkoholiker sollen sich davon zu verabschieden, sich in die Rolle eines Opfers hinein zu reklamieren. Vom Opfersatus sind wir da weit entfernt. Und: Opfer von was genau? Von der Umwelt? Der Gesellschaft? Der Familie? Den Umständen? Der Vergangenheit? Dem Job? Oder Jobverlust? Die Gesamtsituation?

Jemandem persönlich oder einem bestimmten Sachverhalt die Schuld am Trinken zu geben, ist viel zu einfach innerhalb dieser komplexen Zusammenhängen der Alkoholkrankheit. Also Opfer zu sein. Zu einfach und zu kurz gegriffen wäre aber auch die Aussage "Den Alkohol hast Du Dir ja selber zum Mund geführt." Also Täter zu sein.

Aber das Vorangegangene führt uns zu der Frage: Sind aktive Trinker und trockene Alkoholiker nun Täter oder Opfer? Es wäre jedenfalls nur die halbe Wahrheit zu sagen: "Selber schuld. Es hat ihn/sie ja niemand zum Trinken gezwungen."

Aber eines gleich vorweg: eine Suchterkrankung ist keine Art von Schwäche wie uns der Volksmund oder selbsternannte Stammtischphilosophen weißmachen wollen. Und wie alle anderen Süchte auch ist auch Alkoholsucht eine Krankheit und ist als solche von der WHO anerkannt.

Süchtig kann man auf vieles oder alles: Nikotin, Kokain, Heroin, Methamphetamin, Fentanyl, Schokolade, oder auch Käse. Ich erinnere mich an dieser Stelle an eine TV-Dokumentation im deutschen Reality-Fernsehen, wo eine Frau porträtiert wurde, die am Tag zwei Kilogramm Käse verschlang. Ebenso einfach und mehr oder weniger genussvoll wie andere drei Schachteln Zigaretten rauchen oder mehrere Flaschen Wein oder ein bis zwei Flaschen Wodka trinken. Klar muss jedenfalls sein, dass jede Art der Sucht irgendwann tötet, unmittelbar oder langfristig. Über das Leid des Einzelnen und deren Umkreis oder Kosten für das Gesundheitssystem und damit die Gesellschaft nicht zu reden.

Nährboden der Sucht

Und da stellt sich die auch berühmte Frage: Kann jeder süchtig werden. Ja, und nein.Sucht bedingt immer eine psychische Prädisposition, was nicht bedeutet, dass zwingend eine psychische Störung vorliegen muss. Kommen zu dieser Prädisposition noch Traumata wie etwa der plötzliche Tod eines geliebten Menschen, Lebensbrüche wie etwa drohende Arbeitslosigkeit oder vielleicht Burnout und Depression hinzu, haben wir den perfekten Nährboden für eine Suchterkrankung.

Foto: Bernd Klaus Achter


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