Aus der Anstalt Pt.1

07.04.2025

Anreisen - Ankommen - Einchecken. Das übliche - mir bereits bekannte - Prozedere eben, wenn man sich auf das Abenteuer oder die Reise Alkoholentzug - im Anton Proksch Institut - einlässt. Damit ist der erste Schritt ins ein neues, abderes Leben getan. Schon die Entscheidung, etwas gegen die eigene Alkoholsucht zu unternehmen, ist eine weise Entscheidung.

Ich traf diese mit meiner Freundin gemeinsam; in weiterer Folge gemeinsam mit dem Hausarzt, der auch den Antrag für die Aufnahme in die Entzugsklinik stellte. Nach Übermittlung der notwenigen Unterlagen wie etwa das letztgültige Blutbild und etwaiger Vor-Befunde, dauerte es drei Wochen, bis ich in der Entzugsklinik vorstellig werden konnte. Zwei Wochen vor dem Tag X begann ich bereits meine Koffer zu packen. Neben Bekleidung ein gewisser Vorrat an Zigaretten, Bücher, Notizblöcke und meine geliebten Müsliriegel.

Dass es nicht einfach werden würde, war mir von Anfang an klar. "No one said it would be easy" sang Sheryl Crow in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts. Nach einem Aufnahmegespräch mit einem Pfleger und dem diensthabenden Arzt wurde ich erst mal mit Medikamenten abgefüllt. Zuvorderst Praxiten, einem Benzodiazepin – kurz Benzo genannt -, sowie einem Neuroleptika. Bas Benzo dient der Vermeidung der Entzugserscheinungen, das Neuroleptika soll den manchmal den Entzug begleitenden epileptischen Anfall verhindern.

Dazu muss man zwei Dinge über den Mechanismus des menschlichen Gehirns wissen. Alkohol dämpft die Gehirntätigkeit. Fällt der Alkoholgenuss im Zuge des Entzugs weg, beginnen die Synapsen und Elektronen im Gehirn zu überreagieren, was zu epileptischen Anfällen, Schlaganfall oder Herzinfarkt führen kann. Um dies zu vermeiden werden Benzos verabreicht. Zusätzlich haben Benzos eine stark beruhigende Wirkung.

Jedoch birgt die Vergabe von Benzos eine Gefahr. Diese sind nämlich Opioide; in der chemischen Struktur ähneln sie dem Heroin. Bedeutet, Benzos können körperlich und psychisch anhängig machen und werden im Zuge des Alkohol-Entzugs innerhalb von zwei bis maximal zweieinhalb Wochen aus dem Körper "ausgeschlichen". Keinesfalls sollten sie länger verabreicht werden.

Was uns zu einem wesentlichen Punkt bringt: Man sollte niemals alleine einen sogenannten "kalten Entzug" zu Hause durchführen. Das ist schlichtweg lebensgefährlich.

Ich jedenfalls war von den Benzos so zugedröhnt, dass ich mich die ersten Tage nur mit einer Krücke durch die Anstalt bewegen konnte, die meiste Zeit schlief und lediglich zum Pinkeln und Kacken oder zum Rauchen aus dem Bett aufstand. Mit Reduktion der Dosis ging es mir nach vier bis fünf Tagen besser; die Krücke konnte ich zurückgeben und erst ab diesem Moment begann der bewusste Entzug von meinem jahrelang - oftmals in hohen Mengen - konsumierten Suchtmittel Alkohol. Ich begann, mich irgendwie wie neugeboren zu fühlen, denn vor dem Einchecken in der Entzugsklinik hatte mein Konsum schon drastische Ausmaße angenommen.

Geteiltes Leid ist halbes Leid?!

Jedenfalls wurde mir ein Bett in einem Zwei-Bett-Zimmer zugewisen, das ich fortan mit einem netten Leidensgenossen namens Karl, einem Halb-Schweden, teilen durfte. Er war Weintrinker, ich hielt es durchwegs mit Wodka, da Wein oder Bier bei mir nahezu keinerlei Wirkung mehr zeigten. Dafür war die Sucht-Toleranz meines Körpers bereits zu hoch.

Aber die Verhaltensmuster ähnelten sich. Neigte sich der Vorrat an Alkohol zu Ende, waren die Gedanken nur mehr dort, wo bekommt man jetzt noch Ware her. Und sei es zu den unchritlicsten Zeiten, möglicherweise, als der "normale" Mench bereits schlief. Karls Quelle war der Bahnhof, der seiner Wohnung nahe war, bei mir war es die Tankstelle am anderen Ende vom Ort mit einem Fußweg von 20 bis 25 Minuten. Aber was tut man als Süchtiger nicht alles, um zur Quelle zu gehen. Nahezu um jeden Preis.


Fotos: Bernd Klaus Achter

Hashtags: #Alkohol #Alkoholsucht #AntonProkschInstitut #AusDerAnstalt

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